Tempel der tausend Spiegel

In einem fernen Land gab es vor langer, langer Zeit einen Tempel mit tausend Spiegeln, und eines Tages kam, wie es der Zufall so will, ein Hund des Weges..

Und der Hund bemerkte, daß das Tor zum Tempel der tausend Spiegel geöffnet war, und vorsichtig und ängstlich ging er in den Tempel hinein.

Und Hunde wissen natürlich nicht, was Spiegel sind und was sie vermögen, und nachdem er den Tempel betreten hatte, glaubte er sich von tausend Hunden umgeben.

Und der Hund begann zu knurren, und er sah auf die vielen Spiegel, und überall sah er einen Hund, der ebenfalls knurrte. Und er begann die Zähne zu fletschen, und im selben Augenblick begannen die tausend Hunde die Zähne zu fletschen, und der Hund bekam es mit der Angst zu tun. So etwas hatte er noch nie erlebt, und voller Panik lief er, so schnell er konnte, aus dem Tempel hinaus.

Dieses furchtbare Erlebnis hatte sich tief im Gedächtnis des Hundes vergraben. Fortan hielt er es als erwiesen, daß ihm andere Hunde feindlich gesinnt sind.

Die Welt war für ihn ein bedrohlicher Ort, und er wart von anderen Hunden gemieden und lebte verbittert bis ans Ende seiner Tage.

Die Zeit verging, und wie es der Zufall so will, kam eines Tages ein anderer Hund des Weges. Und der Hund bemerkte, daß das Tor zum Tempel der tausend Spiegel geöffnet war, und neugierig und erwartungsvoll ging er in den Tempel hinein.

Und Hunde wissen natürlich nicht, was Spiegel sind und was sie vermögen, und nachdem er den Tempel betreten hatte, glaubte er sich von tausend Hunden umgeben.

Und der Hund begann zu lächeln, und er sah auf die vielen Spiegel, und überall sah er einen Hund, der ebenfalls lächelte, so gut Hunde eben lächeln können. Und er begann vor Freude mit dem Schwanz zu wedeln, und im selben Augenblick begannen die tausend Hunde mit ihrem Schwanz zu wedeln, und der Hund wurde noch fröhlicher.

So etwas hatte er noch nie erlebt, und voller Freude blieb er, so lang er konnte, im Tempel und spielte mit den tausend Hunden.

Dieses schöne Erlebnis hatte sich tief ins Gedächtnis des Hundes eingegraben. Fortan hielt er es als erwiesen, daß ihm andere Hunde freundlich gesinnt sind.

Die Welt war für ihn ein freundlicher Ort, und er wart von anderen Hunden gern gesehen und lebte glücklich bis ans Ende seiner Tage.


S'UPER THREAD dazupassendes Buch: "Bill,Nein!" von Perdita Lübbe Scheuermann

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Dracholino
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